Faulenzen für die Gesundheit

Faulenzen für die Gesundheit

Den ganzen Tag rumliegen, nur zum Essen die Couch verlassen und nichts Produktives leisten – wer sich eine Auszeit und Ruhe gönnt, gilt schnell als Faulpelz. Warum das nicht stimmt und „Faulheit“ manchmal sogar gut für die eigene Gesundheit ist, erklärt Philipp Ruland, Psychologischer Psychotherapeut aus Saarbrücken, anlässlich des heutigen internationalen Faulpelz-Tags. 


SR.de: Herr Ruland, was bedeutet Faulheit eigentlich?

Ruland: Den Begriff „Faulheit“ gibt es in dem Sinne nicht in der Psychologie. Wir sprechen eher von Antrieb oder Motivation beziehungsweise einer geringen Ausprägung dieser Eigenschaften. Menschen mit einem niedrigen Antriebsniveau könnte man dementsprechend auch als faul bezeichnen, wobei dabei auch berücksichtigt werden muss, dass die Antriebslosigkeit ihre Gründe hat, unter anderem in der Genetik. 

SR.de: Man hört oft, der Mensch sei von Natur aus faul. Stimmt das also, wenn das Antriebsniveau auch von genetischen Faktoren abhängig ist?

Ruland: Das kann man so nicht sagen. Die genetischen Faktoren können ein Grund sein, aber auch kulturelle, soziale und persönliche Aspekte kommen infrage. Außerdem spielt die Erziehung mit rein und auch die aktuelle Lebenssituation muss berücksichtigt werden: Steht ein Mensch zum Beispiel momentan beruflich extrem unter Stress, kann das im privaten Leben schnell zu Antriebslosigkeit führen, weil er einfach ausgebrannt ist – und das hat nichts mit dem Zustand zu tun, den wir mit „Faulheit“ assoziieren.     

SR.de: Der Begriff „Faulheit“ ist ziemlich negativ behaftet. Ist es denn wirklich eine negative Eigenschaft oder hat sie auch Vorteile? 

Ruland: Es gibt auf jeden Fall auch Momente, in denen Faulheit – oder eben wenig Antrieb – für die Gesundheit und das Wohlbefinden wichtig ist. Der Körper holt sich normalerweise die Ruhe, die er benötigt. Das Thema „Burnout“ wird immer relevanter in unserer Gesellschaft. Um dem vorzubeugen und sich selbst Ruhe und Zeit für sich zu gönnen, ist ein Tag Faulenzen eigentlich gut. Vor allem in Deutschland herrscht ein sehr hoher Leistungskontext, die Deutschen gelten als besonders fleißig. Das ist auch gefährlich. 

SR.de: Wir halten also fest: Einen oder zwei Tage faul auf der Couch zu verbringen ist vollkommen in Ordnung und manchmal sogar gut. Wann sollte man sich denn ernsthaft Gedanken machen, ob etwas nicht stimmt?

Ruland: Man sollte auf jeden Fall aufhorchen, wenn die Antriebslosigkeit und Lustlosigkeit über einen längeren Zeitraum anhält. Dann sollten die Betroffenen überlegen, welche Gründe es dafür geben könnte. Manchmal stecken ernstzunehmende psychische Probleme oder Belastungssituationen dahinter. Das können zum Beispiel das Fehlen eigener Ziele, wenig Vertrauen in die Zukunft oder die scheinbar fehlende Sinnhaftigkeit der aktuellen Situation sein. 

SR.de: Was kann man denn tun, um der Faulheit entgegenzuwirken?

Ruland: Das kann man pauschal natürlich nicht sagen, ohne die Gründe zu kennen. Grundsätzlich empfiehlt es sich aber, seine persönliche Zielsetzung zu überdenken und sich ganz ehrlich zu fragen, was einen denn aktuell so sehr belastet, bedrückt oder fordert, dass es zur Antriebslosigkeit kommt. 

Zusätzlich dazu ist es immer ratsam, sich etwas zu suchen, das motiviert und das Freude und Hoffnung im Alltag gibt. Ob das ein gutes Buch ist, ein Spaziergang, ein Hobby, ein Ausflug – auch dafür gibt es keine allgemeingültige Antwort. Es sollte jedenfalls etwas sein, woran der Betroffene, der gerade wenig Motivation hat, Spaß findet und einen Grund sieht, sich aufzuraffen. 

SR.de: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Original können Sie beim Saarländischen Rundfunk hier einsehen:
https://www.sr.de/sr/home/nachrichten/panorama/faulenzen_fuer_die_gesundheit100.html#

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